17 - 4B "Du, meine Seele singe " als Psalmlied [ID:18770]
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Herzlich willkommen abermals Paul Gerhardt abermals ein bekanntes bediebtes

Lied du meine Seele singe wohl auf und singe schön. Das letzte Lied hatte ja

auch das entscheidende Verb singen in der Titelzeile, sollte ich meinem Gott

nicht singen, sollte ich ihm nicht dankbar sein.

Es scheint für Paul Gerhard doch das entscheidende Stichwort zu sein, singen

und man kann nur mutmaßen ob Paul Gerhard tatsächlich seine Gedichte auch

gerne selber gesungen hat oder ob er nicht doch eher der Dichter, der

Schreiberling war, der das nur am Schreibtisch gemacht hat. Aber wenn er so

viel vom Singen und so animierend vom Singen dichtet, kann man sich eigentlich

doch nicht vorstellen, dass er nicht selber auch richtig Lust hatte, selber zu

singen. Du meine Seele singe, wohlauf und singe schön ist ein Psalmlied.

Psalmlied heißt, dass die literarische Vorlage ein Psalm ist, der dann in

Strophenform übersetzt wird. Dazu habe ich eine Übersicht erarbeitet, die ich

zuerst kurz bitte zur Hand zu nehmen und ein paar Dinge dazu zu sagen. Übersicht,

wie viele und welche Psalmlieder Paul Gerhard eigentlich gedichtet hat. Es ist

ja schon interessant, dass ein großer Anteil der Lieder von Paul Gerhard nicht

einfach nur frei entworfen ist, sondern Vorlagen hat. Wir hatten ja als Beispiel

schon diese Passionslieder zu der Vorlage, zu den diese Meditationen an die

Gliedmaßen Jesu. Es gibt noch weitere andere biblische Vorlagen, aber das

Hauptkorps sind natürlich die Psalmen als das Liederbuch der Bibel. Die Gattung

des Psalmlieds, nur kurz, wenige Sätze, hat ja eine spezifisch protestantische

Tradition. Luther hat im Jahre 1523, das Jubiläum kommt bald, das Psalmlied

überhaupt erfunden, indem er aus tiefer Not, schrei ich zu dir, Psalm 130 übertragen

hat, in ein Lied und dann noch weitere folgen ließ. Diese Idee, Psalmen, die ja

bisher in den Klöstern gregorianisch gesungen wurden und Latein, jetzt in

deutsche Liedverse zu übertragen, so dass alles Volk Psalmen singen kann und

damit implizit mit der Bibel singen kann. Diese Idee fand besonders in Straßburg

an Klang. Die Straßburger haben Luthers Psalmenlied übernommen, haben selber

angefangen, konsequent alle Psalmen durchzudichten, während Luther nur

einzelne Psalmen genommen hat, die für ihn besonders zentral waren als Gebete,

Psalmen als Gebete zu Gott, die jetzt in der Zeit dran sind.

Die Straßburger fangen also an, aus dem Psalmenlied ein Prinzip zu machen und

eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht und so weiter, alle Psalmen zu

übertragen. Calvin ist im Exil in Straßburg, lernt dort diese Psalmenlied

erkennen und sagt, aha, das ist es, in der von mir regierten Kirche, in der

reformierten Kirche werden nur Psalmenlied gesungen, so kommt es auf

Anweisung von oben zum sogenannten Genfer Psalter, das 150 Psalmen, das

gesamte Gesangbuch besteht nur aus Psalmenliedern, zu jedem Psalm eines.

Dieser Genfer Psalter, auf Französisch als Komplettpsalter, wird übersetzt von

dem deutschen Ambrosius Loeb Wasser, der eigentlich Lutheraner ist, das erscheint

1573, bezogen auf die Melodien, die zu diesen Genfer Psalmen

gehören, das will ich jetzt nicht vertiefen,

dann regt sich Widerstand, weil die reformierte Kirche dann diesen

Lobwasser Psalter nimmt in Deutschland, das wird sozusagen das zentrale

Psalmbuch der reformierten Kirche, es regt sich Widerstand von lutherischer

Seite, dass eigentlich die rechte Weise, Psalmen in Lieder zu übertragen, nämlich

weil die Genfer Tradition und damit Lobwasser ziemlich Wort für Wort die

Psalmen übertragen, also sie dichten nichts dazu, salott gesagt, sie deuten

nicht, sie machen auch keine christologische Auslegung, es soll

möglichst nah am Wortlaut des der Psalmen sein, also das Sola Scriptura

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

01:08:18 Min

Aufnahmedatum

2020-06-22

Hochgeladen am

2020-06-29 17:46:27

Sprache

de-DE

Das Phänomen Paul-Gerhardt-Lieder II

Die Lieder von Paul Gerhardt (1607-1676) sind "Evergreens" trotz ihrer veralteten barocken Sprach- und Vorstellungswelt, trotz ihres oft schweren theologischen "Ballasts", trotz ihrer Überlänge. Die Vorlesung nimmt einzelne Lieder in Textgestaltung wie Melodiezuweisung genauer unter die Lupe, vermittelt historischen Hintergrund der Liedentstehung und gibt Einblicke in die Liedrezeption durch die Jahrhunderte in Gesangbüchern wie Kunstmusik.

Tags

Kirchenmusik
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